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J E N S     W I E S N E R
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F R E I E R     J O U R N A L I S T   &  

F O T O G R A F I S C H E     A R B E I T E N

HINTER DEN KULISSEN

Die "Tierwelt" war eine Rubrik auf GEO.de, für die ich verschiedene Tierarten und ihre Charakteristika vorgestellt habe. Zu jedem Text gab es ein kurzes Video.

Mittlerweile ist die Rubrik leider offline, weshalb ich die Texte hier Schritt für Schritt neu einstelle.

Viel Spaß beim Lesen!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 TIERWELT

 

Kopf einer Fossa

© Bertal/CC

Fossa: Puma mit Katzenkopf

Die Fossa, das größte Raubtier Madagaskars, gibt der Wissenschaft Rätsel auf. Während die Weibchen heranwachsen, wechseln sie für einige Zeit ihr Geschlecht.

Wer einer Fossa (Cryptoprocta ferox) ins Gesicht blickt, könnte das größte Raubtier Madagaskars leicht mit einer europäischen Hauskatze verwechseln: Durch ihren kurzen Schädel und die abgerundeten Ohren wirkt der Kopf recht katzenähnlich. Ansonsten erinnert die "Frettkatze", wie Cryptoprocta ferox auch genannt wird, eher an einen Puma: Der Körper ist schlank und langgestreckt, die Gliedmaßen muskulös.

Fossas stehen in ihrem Lebensraum, den Wäldern Madagaskars, an der Spitze der Nahrungskette; allein ein seltener Alligator-Angriff könnte den Tieren ernsthaft gefährlich werden. Hauptnahrung der dämmerungs- und nachtaktiven Räuber sind die Lemuren, eine Großgruppe von Halbaffen, zu denen sowohl die Sifakas (Propithecus) als auch die Rotstirnmakis (Eulemur rufifrons) zählen. Selbst Larvensifakas (Propithecus verreauxi), eine über 40 Zentimeter große Primatenart, bleibt von den Fossas nicht verschont.

Setzt Cryptoprocta ferox zum Angriff an, bleibt den Lemuren nur noch ein Ausweg: die Flucht. Ein Spurt auf den nächsten Baum hilft den Halbaffen allerdings kaum weiter. Obwohl sich Fossas häufig am Boden bewegen, sind die Tiere ebenso gute Kletterer. Bei Bedarf jagen sie ihre Beute auch über längere Distanzen quer durchs Geäst. Der lange Schwanz hilft den Tieren, beim Sprung von Baum zu Baum nicht die Balance zu verlieren.

Fossa-Weibchen: Männer auf Zeit

In der Entwicklung ihrer Geschlechtsorgane gehen Fossas einen Sonderweg, der bislang bei keiner anderen Säugetierart beobachtet werden konnte. Eine Studie aus dem Jahre 2002 (PDF) beschreibt eine vorübergehende "Geschlechtsumwandlung" weiblicher Jungtiere: Heranwachsende Fossa-Weibchen, die nicht mehr unter der Obhut des Muttertiers stehen, bilden in ihrem zweiten und dritten Lebensjahr typisch männliche Geschlechtsmerkmale aus. Die Klitoris der Tiere stülpt sich penisartig nach außen, der Klitorisknochen (Os clitoridis) erreicht eine Länge von durchschnittlich 14,5 Zentimetern. Ähnlich dem Glied der männlichen Fossa wird auch das Geschlechtsorgan des Weibchens nun von Stacheln bedeckt. In dieser Phase ihres Lebens imitieren Weibchen eine weitere, typisch männliche Körperfunktion: Sie sondern ein streng reichendes Sekret ab, das ihr Bauchfell orange färbt.

Die "Vermännlichung" des Weibchens ist nicht von Dauer: Hat das Tier im Alter von drei bis vier Jahren Geschlechtsreife erlangt, bilden sich die männlichen Geschlechtsmerkmale wieder zurück. Über die biochemischen Vorgänge, die während dieser Zeit im Körper des Weibchens ablaufen, ist nur wenig bekannt. Einige Hypothesen gibt es hingegen zu Sinn und Zweck dieser zeitweiligen Metamorphose. Einige Wissenschaftler sehen einen Schutzmechanismus am Werk: Das noch unreife Weibchen gibt sich als Männchen aus, um nicht verfrüht zur Paarung gezwungen zu werden. Andere halten eine weitere Theorie für plausibler: Da Fossa-Weibchen ungemein territorial auf Angehörige ihres eigenen Geschlechts reagieren, könnten mithilfe der zeitweiligen "Vermännlichung" allzu häufige und gefährliche Revierkämpfe vermieden werden.